über das grosse tabu der notdurft in wilder natur
In immer grösseren Massen zieht es die Menschen in die Natur, die Berge, zum Wasser. Der Outdoor-Markt boomt – ganze Markthallen gibt es, voll mit Gadgets und hilfreichen Accessoires für die Wochenendtour in den Bergen. Letztes Jahr wollte ich mir ein neues Zelt kaufen – (fast) alle Modelle waren ausverkauft.
Das macht mir Sorge, beschäftigt mich sehr. Nicht die Tatsache an sich, dass es Menschen in die Natur zieht. Nicht dass ich es nicht gönnen möchte. Im Gegenteil: So wichtig ist es doch, die Verbindung zur Natur zu pflegen und geniessen.
Nein – Sorge macht mir die Art und Weise.
Dieser Ansturm, diese Massenbewegung, das geht auf Dauer nur wenn alle Sorge tragen. Wenn Du die Natur so zurücklässt wie Du sie angetroffen hast.
Wir Menschen sind unglaubliche Trampel in der Natur. Laut, lärmig, achtlos, unbeholfen, blind. Den Sinn für den sorgsamen Umgang auf Augenhöhe verloren durch die Entfremdung unserer Zivilisation.
Ist es denn so schwierig, sich als Gast, achtsam in der Natur zu bewegen? Warum kommst Du denn überhaupt, wenn nicht um die Ruhe, die Harmonie, die vollendete Schönheit zu geniessen und daran zu tanken?
Kein Wunder ‚brauchts‘ Naturschutzgebiete mit Regeln und Verboten; Gebiete die explizit vor dem Menschen geschützt werden. Doch wären wir Menschen mehr respektvoll, bräuchte es diese Regeln nicht. Und wir Besuchende würden gewinnen: An Verbindung. An tiefer Berührbarkeit, an tiefgründigen Begegnungen mit diesem Naturraum, seinen Tieren, Pflanzen, Gewässern und Felsen.
Letzthin bivakierte ich an einem stillen, idyllischen Bergsee. Ein zartes Wunder der Natur. Harmonie pur. Es war klar, dass ich nicht die Erste war in diesem Raum. Feuerstellen, Trampfelpfade, abgetretene Plätzchen zeugten von vielen Besuchenden an schönen Tagen. Soweit noch ok (?)…
Doch dann, morgens beim Sonnen meines Schlafsacks auf einem grossen Felsen fiel mir ein weisses Etwas am Felsfuss auf. Ich ging näher und sah: Einen grossen Haufen menschlicher Fäkalien bedeckt von einem grossen Büschel WC Papier. Ein grauseliger Haufen, vom nächtlichen Regen aufgeweicht.
Meine Freude an der Schönheit dieses Raumes war dahin.
We can do better than that!!! Natürlich verwesen sie irgendwann, die Fäkalien und das Papier – doch bis dahin??
Das grundlegendste menschliche Bedürfnis – ein Tabu, niemand spricht darüber, jedeR wurstelt irgendwas hinter einem Stein. Unbeholfen weil wir uns den Luxus einer WC-Schüssel mit 30l Wasserspühlung gewohnt sind. Wo alles auf Knopfdruck aus den Augen aus dem Sinn verschwindet. Doch in der Natur musst Du Dir ein bisschen mehr Gedanken machen: Was bleibt zurück und wie lange dauert es, bis es tatsächlich „verschwindet“? Lange genug!
Deshalb, Leute: Seid achtsamer Gast! Wenn es unbedingt sein muss: Vergrabt Eure Papiertaschentücher so, dass sie kein Tier und Mensch stören, in den vielen Jahren die sie benötigen um zu kompostieren. Noch besser: Nehmt das gebrauchte Papier in einem Abfallsäcklein mit nach Hause. Und vergrabt die Fäkalien (richtig gut!).
An einem Ort wo nicht gerade der/die nächste BesucherIn picnicen oder übernachten möchte. An einem Ort, wo sie nicht die Gewässer verunreinigen, die weiter unten als Trink- und Tränkewasser dienen.
Ich weiss das ist ein grosses Tabu. Aber wenn wir immer mehr werden, die die Natur in purster Form geniessen möchten, dann ist zwingend wichtig, dass wir darüber reden. Sensibilisieren, uns selber überlegen, wie kann ich meinen Fussabdruck/meine Spur in der Natur möglichst gering halten. Erst recht in den Bergen wo alle Selbstregenerationsprozesse der Natur viel Zeit brauchen, weil chemische Prozesse in der kargen Kälte langsamer ablaufen.
We can do better than that!
Also: Trag bitte Sorge. Aus Respekt für den/die nächsteN BesucherIn, der/die ebenfalls die unversehrte Schönheit geniessen möchte. Und noch wichtiger: Aus Respekt für dieses wertvolle, reiche, gesunde Gut der Bergwelt.